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Grundlagen Wertpapiere: 1. Aktien (3/3)

Unterschied zwischen einer börsennotierten und einer privaten Aktiengesellschaft
Stammaktien vs. Vorzugsaktien
Wie geht ein Unternehmen an die Börse?

Weitere Begriffe

Mit dieser Rubrik möchte ich die ausführliche Erklärung von Aktien abschließen, indem ich einige Begriffe erläutere, die im Zusammenhang mit Aktien immer wieder fallen.
Wie wir festgestellt haben, sind Aktien eine Möglichkeit für Unternehmen, sich zur Finanzierung Eigenkapital zu beschaffen. Wenn sich ein Unternehmen dafür entscheidet, dies durch die Ausgabe von Aktien zu machen, muss es die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) annehmen, wenn es diese nicht schon hat. Nur weil ein Unternehmen eine AG ist, muss es nicht an der Börse sein. Die Aktien können auch ohne öffentlichen Handel verkauft werden. Dann ist das Unternehmen nicht börsennotiert. Das ist z. B. bei der FC Bayern München AG der Fall.

Beispiel für eine nichtbörsennotierte AG: FC Bayern München

Im Dezember 2001 hat der Verein FC Bayern München e.V. die FC Bayern München AG mit einem Grundkapital (ein Teil des Eigenkapitals) von 22,5 Millionen EUR, eingeteilt in 22,5 Millionen Aktien, gegründet. Anfang 2002 hat dann die Jahreshauptversammlung des Vereins dafür gestimmt, den Lizenzfußballbereich, die erste Amateurmannschaft, die A- und B- Junioren-Teams sowie die Frauenfußball-Abteilung einschließlich des dazu gehörigen Geschäftsbetriebes vom FC Bayern München e.V. in die AG auszugliedern.
Gleichzeitig wurde das Grundkapital um 2,5 Millionen EUR und 2,5 Millionen Aktien erhöht. Diese Aktien wurden für angeblich 77 Millionen EUR an Adidas verkauft. Wäre die FCB AG an der Börse notiert gewesen, hätte sie demzufolge einen Kurs von 30,80 EUR gehabt. Das Geld wurde für den Bau der Allianz Arena verwendet.
2009 wurde bekannt, dass Audi für angeblich 90 Millionen EUR zwischen 2010 und 2011 ebenfalls 2,5 Millionen Aktien übernehmen wird. Auch hierfür wurde das Grundkapital um 2,5 Millionen EUR und 2,5 Millionen Aktien erhöht. Wenn der Kaufpreis stimmt, entsprach der Deal einem Aktienkurs von 36,00 EUR.

Im Februar 2014 gab der FC Bayern bekannt, dass die Versicherung Allianz im Zuge einer Kapitalerhöhung 2,5 Millionen Aktien für 110 Millionen EUR erwirbt. Das Geld war für die Tilgung der Verbindlichkeiten der Allianz Arena und den Neubau des Jugend- und Nachwuchsbereichs vorgesehen. Theoretischer Aktienkurs: 44,00 EUR.
An diesem Beispiel sieht man gut, wie Kapitalerhöhungen zur Finanzierung eines Unternehmens beitragen. Das Eigenkapital des FC Bayern ist heute in 30 Millionen Aktien eingeteilt, die Aktionärsstruktur sieht wie folgt aus:
Kleine Randnotiz: Die drei Minderheitsgesellschafter sind alle börsennotierte Aktiengesellschaften.
Bei der FC Bayern München AG waren die drei Verkäufe von Anteilen speziellere Fälle, weil das Kapital immer gleich mit erhöht wurde. Das ist zwar recht üblich, verwirrt vielleicht trotzdem etwas, daher ein weiteres Beispiel zum Verkauf von Aktien.

Arten von Aktien

Zunächst muss man noch wissen, dass ein Unternehmen bei der Ausgabe von Aktien zwei Möglichkeiten hat (der Begriff „Aktien ausgeben“ ist irreführend, denn diese werden verkauft): Es kann Stammaktien oder Vorzugsaktien verkaufen, was auch emittieren genannt wird, daher der Begriff Aktienemission. Stammaktien sind die „normalen“ Aktien mit Stimmrecht und Dividende. Die Aktien von Daimler und Beiersdorf sind Stammaktien.
Bei Vorzugsaktien gibt es kein Stimmrecht, dafür ist bei diesen die Dividende höher und sie wird vor der Dividende der Stammaktien ausbezahlt. Es kann also sein, dass die Stammaktionäre keine Ausschüttung bekommen, die Vorzugsaktionäre jedoch schon.  Wenn ein Unternehmen Vorzugsaktien an die Börse bringt, gibt es immer auch Stammaktien, damit die Hauptversammlung die notwendigen Entscheidungen treffen kann. Der Eigentümer behält die Stammaktien und trifft die Entscheidungen.

Vom Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler aus Herzogenaurach z. B. sind nur die Vorzugsaktien börsennotiert. Das Grundkapital der Schaeffler AG besteht aus insgesamt 666 Millionen Aktien. Hiervon entfallen 500 Millionen auf Stammaktien, die von Familie Schaeffler kontrolliert werden und keine Börsenzulassung aufweisen. 166 Millionen Aktien sind stimmrechtslose Vorzugsaktien. Von diesen befanden sich Ende 2015 94,4 Millionen ebenfalls im Besitz der Familie Schaeffler. Der Rest wurde frei an der Börse gehandelt, so dass der Streubesitz bei 43,1% lag.
Es gibt auch Unternehmen, bei denen beide Arten von Aktien an der Börse gehandelt werden, z. B. von den Automobilherstellern BMW und VW, dem Konsumgüterkonzern Henkel und dem Mobilitätsdienstleister Sixt. In der folgenden Übersicht finden sich dazu einige Kennzahlen:

Wie funktioniert ein Börsengang?

Zurück zum zweiten Beispiel: Nehmen wir Petra und Paul mit ihrem Mietshaus und ihren 10.000 Aktien. Mit der Fertigstellung des Hauses wollen beide etwas von ihrem in das Haus investierte Geld zurückhaben. Sie entscheiden sich dafür, Stammaktien an die Börse zu bringen. Insgesamt wollen sie 2.000 Aktien verkaufen, also 20% der Anteile (jeder 10%).
Erinnern wir uns, eine Aktie hat einen Nennwert von 10 EUR und der Wert des Hauses ist von 400.000 EUR auf 450.000 EUR gestiegen. Petra und Paul beauftragen eine Bank, mit dem Börsengang. Diese prüft dann bzw. lässt prüfen, ob alle rechtlichen Pflichten erfüllt sind, und stellt den sogenannten Börsenprospekt zusammen. Das sind Verkaufsunterlagen, wie ein Exposé des Hauses, eine unverbindliche Bewertung und Unterlagen zu Vergleichsobjekten, die möglichen Käufern als Werbematerial zur Verfügung gestellt werden.
Mit der Bekanntmachung des Börsengangs der Petra und Paul Wohn AG wird die Preisspanne für die Emission zwischen 10 und 20 EUR festgelegt. Schließlich spricht die Bank potenzielle Käufer an, die nun die Möglichkeit haben, innerhalb der Zeichnungsfrist verbindliche Gebote abzugeben. Wie bei der Eingabe einer Order teilen sie mit, wie viele Aktien sie für welchen maximalen Preis zu erwerben bereit sind.  Das nennt man Aktien zeichnen.

Weil es in der betrachteten Region so wenig Häuser gibt, ist das Interesse groß und zum Ende der Zeichnungsfrist gibt es für mehr als 2.000 Aktien Kaufangebote, man spricht von Überzeichnung. Außerdem hat sich ein Emissionspreis von 17 EUR herausgebildet. Jetzt erfolgt die Zuteilung der Aktien zu 17 EUR pro Stück an alle Zeichner. Da die Nachfrage nach den Aktien das Angebot übersteigt, bekommt nicht jeder alle Aktien, die er bestellt hat. Die Zuteilungsquote gibt an wieviel Prozent der gezeichneten Aktien die Investoren bekommen.
Petra und Paul erlösen mit dem Börsengang insgesamt 34.000 EUR und jeder der beiden Altaktionäre erhält 17.000 EUR. Normalerweise dient das auf diese Weise beschaffte Kapital dem Ausbau des Geschäfts und nicht nur der Befriedigung der finanziellen Interessen der Altaktionäre. Z. B. könnte mit dem Geld ein Pool gebaut werden, das würde die erzielbaren Mieteinnahmen und somit den Wert des Hauses erhöhen. Das hätte auch zur Folge, dass die Aktien aller Aktionäre wertvoller werden.

Am Tag der geplanten Notierung an der Börse, bildet sich mit Eröffnung des Handels der erste Börsenkurs für die Aktie der Petra und Paul Wohn AG, die sogenannte Erstnotiz. Da einige der Investoren gern mehr Aktien gekauft und dafür auch mehr bezahlt hätten, sind sie bereit diese über die Börse zu kaufen. Andere sind bei einem Preis über 17 EUR bereit, ihre Aktien sofort wieder zu verkaufen und entsprechend sieht das Orderbuch aus. Die Aktie beendet den ersten Handelstag bei 18,50 EUR. Das bedeutet, die Verkäufer haben einen Zeichnungsgewinn von bis zu 1,50 EUR pro Aktie realisiert.

Natürlich kann man ein einzelnes Haus nicht einfach an die Börse bringen und ganz so einfach, wie es hier dargestellt ist, ist ein Börsengang in der Praxis auch nicht. Aber man bekommt ungefähr eine Vorstellung, wie es funktioniert. Börsennotierte Immobilienunternehmen gibt es übrigens sehr wohl, wie z. B. Vonovia, Deutsche Wohnen, Patrizia Immobilien.
Weitere Begriffe

Für die Begriffe

verweise ich auf die Südseiten der Börse München. Dort gibt es aktuelle Marktberichte von Experten und unter „Master“ eine umfangreiche Wissensrubrik mit Erklärungen.

Zusammenfassung:
Aktiengesellschaften können an der Börse notiert sein, oder auch nicht.
Der Verkauf von Aktien dient der Unternehmensfinanzierung.
Die normalen Aktien heißen Stammaktien, Vorzugsaktien haben kein Stimmrecht und eine höhere Dividende.
Ein Börsengang ist ein ziemlich aufwendiger und komplizierter Prozess.
Zum Abschluss noch einige, wie ich finde, sehr gute Erklärungen, um das Thema zu beleuchten. Vieles doppelt sich mit meinen Ausführungen hier, aber vielleicht versteht es der eine oder andere besser mit diesen Materialien. Wenn Ihr Euch die auch noch anseht, denke ich, habt Ihr das Grundwissen über Aktien verinnerlicht.