
Grundlagen Wertpapiere: 2. Aktienindex
Was ist ein Aktienindex?
Wozu ist ein Aktienindex gut?
Aktien sind also kein exotischer Finanz-Hokuspokus, sondern ein übliches Mittel für Unternehmen, um sich zu finanzieren. Daher gibt es an den Börsen auch eine große Zahl notierter Unternehmen. Allein an der Frankfurter Börse werden etwa 1.000 verschiedene Aktien gehandelt. Da es bei so einer großen Auswahl schwierig ist, sofort zu sehen, in welche Richtung sich die Mehrheit der Aktien („der Markt“) entwickelt, gibt es Aktienindizes, die diese Tendenz veranschaulichen.
Indizes ist die Mehrzahl von Index. In der Bedeutung bei einem Aktienindex, kommt das Wort aus der Statistik und bezeichnet eine Kennzahl zum Vergleichen. So lässt sich am Stand eines Aktienindex die Entwicklung eines Marktes gegenüber einem Vergleichszeitpunkt in der Vergangenheit ablesen. Der Indexstand selber ist einfach nur eine Zahl, die nach bestimmten Regeln berechnet wird. Wie beim Aktienkurs, kann auch die Entwicklung eines Index in einem Chart dargestellt werden.
Nehmen wir zur Veranschaulichung wieder zwei Beispiele. Zunächst den „Deutschen Aktienindex“ DAX. Dieser bildet die Entwicklung des deutschen Aktienmarkts ab. Er wurde am 1. Juli 1988 mit einem Stand von 1.000 Punkten zum 30.12.1987 von der Deutschen Börse eingeführt und der Indexstand wird seitdem von der Deutschen Börse berechnet. Der DAX setzt sich aus den nach Kriterien der Deutschen Börse[1] 30 größten an der Deutschen Börse gehandelten Unternehmen zusammen.
Berechnung eines Index
Die Berechnung erfolgt unter Verwendung einer komplizierten Formel die der Ökonom Ernst Louis Étienne Laspeyres 1871 entwickelt hat. Weil die Berechnung für den DAX von Hand nicht machbar ist und zu aufwendig wäre, ziehen wir das zweite Beispiel heran. Vereinfacht funktioniert die Berechnung wie folgt: Für jedes der drei Unternehmen wird die Marktkapitalisierung berechnet. Also Aktienkurs mal Anzahl der Aktien im Streubesitz[2]. Anschließend werden die drei Ergebnisse zusammengerechnet. Das ergibt 91.900 €. Damit ein Indexstand herauskommt, muss man 91.900 € jetzt noch durch 91,90 teilen und man erhält den Indexanfangsstand von 1.000 Punkten. Ein Jahr später haben sich die Kurse wie folgt entwickelt: Die zusammengerechneten Marktkapitalisierungen ergeben 109.500 €. Wieder durch 91,90 geteilt ergibt sich ein Indexstand von 1.192 Punkten. Der Aktienindex ist in einem Jahr um 192 Punkte bzw. 19,2% gestiegen.
Indexvarianten
Wie der DAX ist auch der Index in diesem Beispiel ein kapitalgewichteter (value-weighted) Index. D. h., dass der Aktienkurs eines Unternehmens mit einer hohen Marktkapitalisierung größeren Einfluss auf die Entwicklung des Index hat, als ein Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung. Im Beispiel hätte die Banana & Sons AG den größten Einfluss auf den Index. Beim DAX sind das Siemens, dessen Entwicklung den DAX zu 10% beeinflusst, Bayer mit 9%, gefolgt von SAP und BASF mit je 8,7% sowie Allianz mit einem Gewicht von 7,6%.Es gibt auch preisgewichtete (price-weighted) Indizes bei denen sich das Gewicht eines einzelnen Unternehmens aus dem Preis seiner Aktie ergibt. Unser Beispielindex zeigt, dass dieser Index von 1.000 auf (171,84 geteilt durch 0,1685) 1.020 Punkte gestiegen wäre, also plus 2%.
Beispiel in Anlehnung an: deifin.de
Der große Unterschied in der Entwicklung der jeweiligen Indexstände kommt daher, dass der Kursanstieg bei dem wertvollsten Unternehmen Banana & Sons aufgrund der Berechnung des Index keine so große Auswirkung auf den Stand des Index hat, wie beim kapitalgewichteten Index. Aus demselben Grund hat der Kursrückgang der Zitrus AG bei der Preisgewichtung größeren Einfluss, einfach nur, weil der Kurs so hoch ist. Bei der Kapitalgewichtung hat dieser Rückgang jedoch nur einen kleinen Effekt.
Ein Beispiel für einen preisgewichteten Index ist der Dow Jones Industrial Average (DJIA). Er umfasst die 30 wichtigsten US-amerikanischen Unternehmen, darunter Apple, Coca-Cola, McDonalds, Microsoft und Nike. Der Dow Jones-Index gilt als der erste Aktienindex der Welt und wurde am 26. Mai 1896 von Charles H. Dow zum ersten Mal veröffentlicht.
Charles Dow hatte 1884 das Konzept eines Aktienindex mit 11 Aktien, die meisten davon aus dem Eisenbahn-Sektor, erfunden. Er war auch einer der Mitgründer des Wall Street Journal, dem bekanntesten Börsenblatt der Welt, das den Index, der mit 12 Aktien startete, ab Herbst 1896 regelmäßig veröffentlichte. 1916, 14 Jahre nach dem Tod Dows, wurde die Anzahl der Aktien im Dow auf 20 und 1928 auf 30 erhöht. Dow war außerdem Mitgründer des Finanzinformationsdienstleisters und -verlags Dow Jones & Company, welcher seit 2007 zum Medienimperium News Corp. gehört.
Es ist auch noch wichtig zu wissen, dass der DJIA ein Kursindex (price index) ist. Das bedeutet, dass bei der Berechnung nur die Aktienkurse berücksichtigt werden. Der DAX hingegen, auf den man in Deutschland schaut, ist das Musterbeispiel für einen Performance–Index (total return index). Das heißt, bei der Berechnung des Index werden die gezahlten Dividenden berücksichtigt. Die Deutsche Börse berechnet für den DAX übrigens auch den Kursindex. Welchen Effekt dieser Unterschied in der Berechnung für den Indexstand hat, verdeutlicht folgender Vergleich:
DAX Performanceindex 10-Jahreschart (mit Dividenden)
DAX Kursindex 10-Jahreschart (ohne Dividenden)
Randnotiz: Bis zur Einführung des DAX 1988, war der ab 1961 von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berechnete F.A.Z.-Index, der die 100 größten deutschen, an der Börse notierten Unternehmen umfasst, der deutsche Leitindex. Der F.A.Z.-Index ist ein kapitalgewichteter Kursindex und existiert auch heute noch. Seit dem 1. Juni 2011 wird er nicht mehr von der FAZ, sondern von deren Partner Structured Solutions berechnet. Die Aufnahmekriterien ähneln denen des DAX.
Warum in Deutschland der Performance-Index als Leitindex verwendet wird, obwohl es verbreiteter ist, Preisindizes als Leitindex zu verwenden, ist mir nicht bekannt. In der folgenden Übersicht werden einige bekannte Indizes für geographische Gebiete aufgeführt.
Quelle: Eigene Recherche
Neben der Entwicklung eines geografischen Marktes gibt es auch Branchenindizes, die die Entwicklung einer bestimmten Branche, wie z. B. des Bankensektors (z. B. EURO STOXX Banks, der 25 Banken aus der Eurozone enthält) oder der Telekommunikationsindustrie (z. B. EURO STOXX Telecommunications, der 11 Telekommunikationsunternehmen enthält), zeigen.
Quellen:
Leitfaden Aktienindizes der Deutschen Börse.pdf
Rangliste für den DAX.xls (Stand 29. Dezember 2017)
Aktienindex – Erklärung des Begriffs der Börse München
Zusammenfassung:
Ein Index ist ein Korb von Aktien, der die Entwicklung der Aktien eines regionalen Marktes oder einer Branche in einer Zahl zusammenfasst.
Es gibt unterschiedliche Berechnungsarten für Indizes.
Die Berechnung der Indizes ist recht kompliziert, und zum Glück müssen wir das nicht von Hand machen.
[1] Basiskriterien für die Aufnahme in den DAX sind: bestehendes Listing im Prime Standard[3], Fortlaufender Handel in Xetra, Streubesitz von mindestens 10% und juristischer Sitz oder operatives Hauptquartier in Deutschland. Für ausländische Unternehmen gilt zudem, dass sie einen Sitz in Deutschland oder den Schwerpunkt ihres Handelsumsatzes an Xetra und ihren juristischen Sitz in einem EU oder EFTA Staat haben müssen. Außerdem erstellt die Deutsche Börse eine Rangliste anhand der Marktkapitalisierung des Steubesitzes und anhand des Orderbuchumsatzes. Für die reguläre Aufnahme in den DAX gilt, dass ein Unternehmen in diesen Ranglisten jeweils zu den Top 30 gehören muss. Die Ranglisten werden monatlich erstellt. Die Zusammensetzung des DAX wird alle drei Monate überprüft.
[2] Streubesitz sind alle Aktien die sich nicht in Festbesitz befinden. Festbesitz ist, wenn Eigentümer mehr als 5% der Aktien besitzen. Die Anzahl dieser Aktien wird dann beim Streubesitz herausgerechnet.
[3] Das Transparenzlevel bestimmt die Anforderungen, nach denen Unternehmen über ihr Geschäft und andere kursrelevante Tatsachen berichten müssen. Die Erfüllung des Transparenzlevels Prime Standard erfordert: Berichterstattung in deutscher und englischer Sprache, Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS oder US-GAAP), Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders, Durchführung mindestens einer Analystenkonferenz pro Jahr, Ad-hoc-Mitteilungen auch in englischer Sprache.